Du hast es so gewollt …

Genau einen Tag, bevor ich die Reise „against all odds“ antrat, war meine Frau, Ivonne, bei der Dialyse. Wie immer, alle zwei Tage, fünf Stunden lang. Doch diesmal war etwas anders. Ganz anders, denn sie bekam einen epileptischen Anfall. Epileptische Anfälle können lebensbedrohlich werden. Noch vor Ort wurden Maßnahmen ergriffen und ihr Zustand besserte sich. Von alledem erfuhr ich aber erst nach(!) meiner Rückkehr von meiner Dienstreise. Ivonne ist stark, sehr stark. An dem Tag, als sie den epileptischen Anfall erlitt und ich noch da war, sagte sie nichts. Sie sagte mir nichts, weil sie nicht wollte, dass ich mit Sorgen abreise.

Es gehört Stärke dazu, etwas zu erleben, dass unbeschreiblich ist und niemanden davon zu erzählen. Nicht einmal deinem Seelenverwandten.
– Lass es sein, falls du ängstlich bist –

Es gehört Mut dazu, zu wissen das man die nächsten Tage alleine sein wird, obwohl es sein kann das diese Anfälle jederzeit wieder auftreten können.
– Lass es sein, falls du ängstlich bist –

Lies das hier besser nicht, falls du ängstlich bist

Natürlich ist es gefährlich, kurz nach einem Anfall alleine zu sein. Natürlich kann das „nach hinten losgehen“. Mut und Risiken eingehen ist aber manchmal ganz eng beieinander. Ich kenne – weltweit – viele Menschen, die aufgrund einer chronischen Erkrankung, oder eines anderen schwerwiegenden Handicaps, Erlebnisse haben, die man nicht so einfach mit jedem teilen kann. Diese – außergewöhnliche – Leben, macht dann was mit diesen Menschen. Denn sie müssen vieles mit sich selbst ausmachen. Es fühlt sich manchmal wie eine aufgezwungene „Ausbildung“ an. Eine Ausbildung, die einen härter macht. Der Grund ist die Natur des Menschen. Wenn etwas auf den Menschen „einschlägt“, geht er entweder kaputt oder es härtet ihn ab. (PS: für manche Tiere gilt das auch …)

– Was Dich nicht umbringt, macht Dich stärker –

Resilience - against all odds

Lies nicht weiter. Nein, wirklich nicht …
Erst nach meiner Rückkehr aus Italien, erfuhr ich vom epileptischen Anfall. „Oh Mann“, war das, was ich in dem Moment dachte. Ich war froh, wieder zu Hause zu sein. Zwei Tage später, ich saß gerade im Wohnzimmer mit meinem Geschäftspartner, um etwas zu besprechen, da ging es wieder los … Ivonne saß neben uns auf der Couch und – plötzlich – bekam sie einen heftigen epileptischen Anfall. Ich sprang auf, nahm das Notfall-Medikament, das ich immer zur Hand habe und legte es ihr unter die Zunge – während des Anfalls. Das Medikament ist relativ stark und „beruhigt“ das Gehirn, vereinfacht erklärt. In der Realität haut es sie weg, d. h., dass sie davon fast bewusstlos wird.

Für Außenstehende ist die Situation surreal. Wann erlebt man so etwas denn schon „live“ mit? Vor allem wenn man es zum Ersten Mal überhaupt erlebt. Als Außenstehender kann man auch nicht viel machen, dass können nur diejenigen, die handlungsfähig sind. Handlungsfähig kannst du aber nur sein, wenn du weißt was in einer solchen Situation zu tun ist. Ich weiß es, mein „Erstes Mal“ liegt weit zurück. Seitdem habe ich viele weitere „Erste Male“ erlebt. Man gewöhnt sich dran, kurios, ich weiß. Es ist aber nicht so, dass man sich an die Anfälle gewohnt. Man gewöhnt sich eher an die Härte der Situation. Man weiß, vielmehr „ich weiß“, dass es in dem Moment nur ein Ziel gibt: alle Gedanken und Ängste wegschieben und sich um die Person kümmern, der es gerade gar nicht gut geht. Vor allem, wenn es eine dir nahestehende Person ist – manche jungen Eltern da draußen fühlen sich jetzt angesprochen – und vor allem, wenn der letzte schwere epileptische Anfall erst zwei Tage zurückliegt … und man im verschneiten Bologna feststeckt … und es insgesamt der dritte(!) Anfall innerhalb von sieben Tagen war …

Gesundheit ist nicht alles – aber das wichtigste
Unsere Gesundheit ist das Fundament unseres Lebens. Ohne dieses Fundament steht unser gesamtes Leben auf „wackeligen Beinen“. Es beeinflusst unser Leben und unser Leben beeinflusst unsere Gesundheit. Dein Job beeinflusst deine Gesundheit genauso, sogar sehr, aber darüber reden wir ein anderes Mal …

Weltweit leiden mehr als fünfzig Millionen Menschen an Epilepsie. Darunter auch viele Prominente, wie beispielsweise Elton John. All diese Menschen zeigen Mut, denn sie streben ein normales Leben an. Na ja, das Leben von manchen Epileptikern war so „normal“ nun auch wieder nicht … wie das von Julius Cäsar. Er litt auch an Epilepsie.

Epilepsie. Etwas das du nicht – wirklich – kontrollieren kannst und dennoch … kann ein Fundament für ein „normales“ Leben geschaffen werden. Ein mutiges Fundament.

Gemeinsam!
Zu einem normalen Leben gehört auch dazu, dass wir im Leben gemeinsam anpacken. Du. Ich. Wir. Denn manchmal braucht uns jemand, irgendwo, irgendwann. Dann bist Du da. Mit Mut. Denn in manchen Momenten zählt nur das. Da zu sein.

Wann bist Du da? In welchen Momenten bist Du – voll und ganz – da? Erzähle es mir!

#BeBrave